Die Geschichte des Carrefours – die Europäische Quilt-Show
Jedes Jahr im September treffen sich im Rahmen des Carrefours über 15.000 Quilterinnen, Quilter sowie Liebhaberinnen und Liebhaber textiler Kunst aus aller Welt in der malerischen Region Elsass im Osten Frankreichs.
Dieses einzigartige Quiltfestival, zu welchem vier Dörfer einladen, bietet um die 40 Ausstellungen von Künstlern und Sammlern aus aller Welt und zeigt mehr als tausend der schönsten Exemplare traditioneller, zeitgenössischer und moderner Patchworkkunst.
Auf Französisch lautet der vollständige Name der Veranstaltung „Le Carrefour Européen du Patchwork“. Das Wort Carrefour bedeutet „Kreuzung“ und verweist sowohl auf den Standort als auch auf den Zweck dieses Treffens: der Carrefour findet inmitten des Val d’Argent („Silbertal“) statt und ist ein Treffpunkt für Patchwork-Fans und Profis aus Frankreich, Europa und der ganzen Welt, bei dem Künstler, Sammler, Experten und anerkannte Marken vertreten sind.
Zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus der Patchwork-Szene sowie renommierte Institutionen haben bereits beim Carrefour ausgestellt oder daran teilgenommen, darunter Carolyn L. Mazloomi, Nancy Crow, Victoria Findlay Wolfe, Paula Nadelstern, Libs Elliott, Luke Haynes, die SAQA, das International Quilt Museum (IQM), Quilt National und viele mehr.

Eine Messe mit starker historischer Symbolik
Warum gerade Sainte-Marie-aux-Mines?
Auf den ersten Blick mag diese kleine elsässische Gemeinde ein ungewöhnlicher Austragungsort für eine derart große Quiltausstellung sein. Doch dem, der die Geschichte kennt, wird schnell klar, warum gerade dieser Ort gewählt wurde: in diesem Tal hat nämlich die Amish-Bewegung ihren Ursprung. Die Geschichte der Amish begann im 16. Jahrhundert, als die Mennoniten aufgrund religiöser Verfolgung aus der Schweiz flohen mussten und sich in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden niederließen. Eine Gruppe etablierte sich in Sainte-Marie-aux-Mines, wo sich die Bevölkerung gegenüber ihrer Religion tolerant zeigte und fruchtbare Erde vorhanden war.
Im Laufe der Zeit begann sich ein Teil dieser mennonitischen Gemeinschaft zunehmend in die örtliche Gesellschaft zu integrieren, was bei einigen Gemeindemitgliedern für Besorgnis sorgte. 1693 forderte der Schweizer Prediger Jakob Ammann eine Rückkehr zu einer schlichten und isolierten Lebensweise und so entstand die erste Amish-Gemeinschaft in den Hügeln rund um Sainte-Marie-aux-Mines.
Mitte des 18. Jahrhunderts, als sich die religiöse Intoleranz in Europa weiter ausbreitete, fand diese Gruppe Zuflucht in den britischen Kolonien Nordamerikas, wo sich die Tradition des Patchworks etablierte. In einer Gesellschaft, in der Ressourcen knapp waren, war die Fähigkeit, sämtliche noch so kleine Stoffreste wiederzuverwerten, ganz besonders geschätzt. So erlernten die Amish die Kunst des Patchworks und Quiltens – eine Tätigkeit, die nicht nur praktisch war, sondern auch ihren Werten von Sparsamkeit, Geduld und Gemeinschaftssinn entsprach.
Vom Symposium zum ersten Carrefour im Jahr 1995
Die Geschichte des Carrefour Européen du Patchwork begann 1993, als sich der Geschichtsverein der französischen Mennoniten und der Schweizer Sammler Jacques Légeret zum Ziel setzten, der lokalen Bevölkerung die amischen Traditionen und ihre Quilts näher zu bringen.
Im selben Jahr fand in Sainte-Marie-aux-Mines ein Weltsymposium statt, das das 300. Jubiläum der Amish-Bewegung in der Region feierte. Jacques Légeret stellte damals eine Auswahl an Amish-Quilts aus seiner persönlichen Sammlung zusammen, die im Theater von Sainte-Marie-aux-Mines gezeigt wurde, während Fachleute Vorträge zur Geschichte der Amish hielten. Dieses Ereignis ist ein historischer Wendepunkt in der Geschichte der Amish, es wurde von 18 Fernsehsendern weltweit übertragen und lockte über 5.000 Besucherinnen und Besucher nach Sainte-Marie-aux-Mines.
Zwei Jahre nach dem Symposium von 1993 wurde die Carrefour-Messe ins Leben gerufen. Initiiert vom Fremdenverkehrsamt des Val d’Argent unter der Leitung von Eric Jacob und mit der Unterstützung der AFHAM sowie der lokalen Behörden, basierte die Veranstaltung auf dem Amish-Erbe des Tals und seiner reichen Textiltradition. BERNINA, damals Partner der Fête du Tissu – einer weiteren bedeutenden Textilveranstaltung in der Region –, spielte eine Schlüsselrolle, indem es die Diskussion über eine neue Dynamik im Bereich Patchwork anregte. Es war ebenfalls BERNINA, das den Kontakt zwischen dem Fremdenverkehrsamt und dem jungen Verein France Patchwork herstellte, dessen Expertise dazu beitrug, dass sich die Carrefour-Messe schnell zu einem wichtigen Treffpunkt für Quilterinnen und Quilter aus ganz Frankreich entwickelte. Dank ihrer einzigartigen Lage an den Grenzen zu Deutschland und der Schweiz erhielt die Veranstaltung rasch eine europäische Dimension und brachte Patchwork-Begeisterte in einem Geist des Austauschs und der Gemeinschaft zusammen. Die erste Ausgabe fand 1995 in der Kirche St. Nicolas und der Villa Burrus in Sainte-Croix-aux-Mines statt, bevor sie sich schrittweise auf die anderen Dörfer des Val d’Argent ausweitete.
Bis heute sind die Quilts der Amish-Gemeinschaften ein fester Bestandteil des Carrefours, aber auch moderne und zeitgenössische textile Kunstwerke stehen sind zu bewundern. Die Amischen und ihre Quilts haben den Weg bereitet für eine authentische, anspruchsvolle und mutige Veranstaltung, bei der jedes Jahr Dutzende internationale Künstlerinnen und Künstler zusammenkommen und außergewöhnliche textile Schöpfungen in allen Stilrichtungen präsentieren dürfen.

Der Carrefour heute
Vier Dörfer im Quilt-Fieber
Vielleicht haben Sie schon Quilt-Ausstellungen in anderen Teilen der Welt besucht – aber dieser Carrefour bietet ein ganz einmaliges Erlebnis.
Er kombiniert das Beste aus den großen amerikanischen Shows, bei denen Hunderte von Quilts in thematischen Ausstellungen zusammengestellt werden, mit der europäischen Art der Messen, die allen Künstlern ermöglichen, ihre neuesten Arbeiten auf einem eigenen Ausstellungsstand vorzuführen.
Auf dem Carrefour erwarten Sie mehr als 30 verschiedene einzigartige Ausstellungen. So bietet sich Ihnen die Möglichkeit, in die Welt der einzelnen Künstler einzutauchen, sie persönlich kennenzulernen und jeden Stand mit einer neuen frischen Perspektive zu erleben.
Das Herzstück des Carrefours liegt in Sainte-Marie-aux-Mines, wo sich der lebhafte Verkaufsbereich und mehrere der wichtigsten Ausstellungsorte befinden, darunter das historische Theater, Kirchen und Gemeindesaale. Doch damit nicht genug: Die Nachbardörfer Sainte-Croix-aux-Mines, Lièpvre und Rombach-le-Franc laden ebenfalls zu spannenden Ausstellungen ein. Insgesamt erstreckt sich der Carrefour über mehr als 15 Ausstellungsorte im gesamten Val d’Argent.
Der Carrefour verspricht seinen Besuchern eine einzigartige viertägige Erlebnisreise durch die Patchwork-Welt, verbunden mit der Entdeckung der lokalen elsässischen Geschichte und Kultur. Gönnen Sie sich zwischen zwei Ausstellungsorten einen Spaziergang durch malerische Dörfer mit ihren Fachwerkhäusern, Handwerksläden und traditionellen Bäckereien und tauchen Sie ein in die Vergangenheit unseres Tales, wo noch so vieles an der reichen Bergbau- und Textilgeschichte der Region erinnert.
Während der gesamten Woche werden Cafés und Restaurants zu lebhaften Treffpunkten, in denen sich alles um Quilts, Stoffe und Garne dreht.
Auch wenn zwischen den beiden am weitesten entfernten Standorten rund 15 Kilometer liegen, sorgen kostenlose Shuttlebusse dafür, dass Sie bequem alle vier Dörfer erreichen können.